Mittwoch, 9. Dezember 2009

Wenn Glöggli erklingen..

Gin Tonic
Zu Hause
1234 Kaff

Daniel Gabi
Dorf-Chäsi
Dorfstrasse
5675 Chrachen



Kaff, 8. Dezember 2009



Gabi Express


Sehr geehrter Herr Gabi

Seit drei Jahren wohne ich nun in diesem Kaff.
Bis ein Flyer in meinem Briefkasten mich auf den geglückten Spendenaufruf zur erfolgreichen Restaurierung Ihres Gabi Express-Fahrzeugs aufmerksam gemacht hat und ich aufgefordert wurde, bei der TV-Aufnahme der Übergabe an Sie und ihr Team, teilzunehmen, kannte ich nur den Milch Boy.

Während meiner Kindheit hielt das Milch Boy-Fahrzeug mehrmals wöchentlich vor der Haustüre meines Elternhauses und das Vormittags - immer um die gleiche Zeit. Jeder in der Nachbarschaft wusste, wann der Milch Boy anwesend war. Ich hatte nur während meinen Schulferien das Vergnügen in einem Kleinbus einzukaufen.

Mittlerweile bin ich ein paar Jahre älter und übe einen Beruf mit unregelmässigen Arbeitszeiten aus. Wenn ich bereits um 5 Uhr morgens mein Zuhause verlasse, geniesse ich die Stille des noch taufrischen Tages. Aber es gibt auch Tage, an denen ich theoretisch bis um 9 Uhr in den Federn schlummern könnte oder sogar frei habe.
Theoretisch deshalb, weil der Gabi Express mich jeden Montag und jeden Mittwoch unsanft aus meinen Träumen hupt.

Wie gesagt wohne ich in diesem Kaff, aber zwischen dem ersten unverkennbaren Gabi Express-Rufsignal und dem vor meiner Haustüre, vergeht mindestens eine halbe Stunde. Es gab Tage, da habe ich die Rufsignale mitgezählt und ich kann mir nicht vorstellen, dass es notwendig ist 13 Mal auf die Hupe zu drücken um die alteingesessenen Dorfbewohner auf Ihr Kommen aufmerksam zu machen, zumal Sie meines Wissens immer die gleiche Route abfahren.

Obwohl ich eine begeisterte Zugfahrerin bin habe ich beschlossen, doch noch die Kunst des fahrens zu erlernen. Die Theorieprüfung steht mir noch bevor und beim Lernen bin ich auf folgende Frage gestossen:

„Dürfen Sie die Warnvorrichtung zu Rufzwecken verwenden?"

Natürlich beantwortete ich die Frage falsch, da ich automatisch an Sie und Ihren Express dachte.
Aber lustigerweise lautet die richtige Antwort „Nein" mit folgender Erklärung:

„Die Warnvorrichtung darf nur bei drohender Gefahr betätigt werden."

Wenn ich an einem Montag Morgen dem Kaffweg entlang gehe, dann stehen immer dieselben Frauen mit ihren Einkaufskörben vor ihren Häusern und erwarten sehnlichst die Ankunft Ihres Express'.

Nun stellt sich für mich die Frage, ob diese Frauen für Sie eine Gefahr darstellen, oder - wenn nicht - womit Sie die unentwegte Huperei rechtfertigen?
Ich gehe davon aus, dass Sie eine treue und dankbare Kundschaft geniessen, sonst wären Sie kaum seit Jahren in diesem Geschäft.

Auch in meinem Beruf habe ich täglich mit Kunden zu tun die von freundlichem, fröhlichem und vor allem ausgeschlafenem Personal bedient werden möchten. In meinem Fall kann ich diese Selbstverständlichkeit nicht mehr bieten, da ich von Ihrer Express-Hupe regelmässig um meinen mir heiligen Schlaf gebracht werde.

Mir ist bewusst, dass ich in der Provinz lebe, in der ich mit Lärmemissionen wie Kuhglocken, Schafherden, Kirchtürmen oder bimmelnden Samichlausumzügen rechnen muss. Aber auf dieses aufdringliche, unentwegte Gehupe eines Gabi Express' in den frühen Morgenstunden konnte ich mich kaum vorbereiten.
Ich bin mir Lärm gewöhnt, glauben Sie mir. Dennoch versichere ich Ihnen, dass mich mitten in der Stadt Bern kein Hupen eines Lebensmittel-Express' aus dem Schlaf gerissen hat, weil hupen schlicht verboten ist. In der Stadt weiss man das, aber hier auf dem Lande scheint man die Gesetze problemlos ignorieren zu können.

Gerne erwarte ich Ihre Anwort und wünsche frohes hupen in der Adventszeit.

Freundliche Grüße

Gin Tonic

Dienstag, 1. Dezember 2009

Klophilsophie

Mit voller Blase renne ich richtung Bahnhof, man will schliesslich pünktlich sein und nicht zwingend als Trittbrettfahrer (oder auf dem Puffer - "Hallo Beni!!") nach Luzern reisen. Die ersten zwei Toiletten im Zug sind natürlich besetzt und zwar so lange, dass es sich entweder um einen Greis mit Prostatabeschwerden im Gespräch mit seinem Lümmel "Chumm, no es Tröpfli u no eis.." oder um eine alleinerziehende Mami handeln kann, die ihren Balg erfolglos dazu bewegen will, nach dem Pipi machen die Hände zu waschen "Weisch, wenn du dini Händ nid tuesch wäsche, dänn haltet de Lokifüehrer a und fahrt nöd wiiter!".






Ich kämpfe mich in die Wagen der 1. Klasse vor und treffe auf zwei geschlossene Klos:



"Ausser Betrieb"






Im Flora in Luzern renne ich auf direktem Weg zur Toilette, während mir die nette Servierdüse "Sie wüssed aber, dass Sie do nur uf d'Toilette dörfed wänn sie au öppis konsumiered?" hinterher ruft und der Chef de Service dies mit einem "Mir sind dänn keis öffentlichs Klo!!" komplettiert.






Als wäre das nicht bereits zuviel des Guten, steht in der Toilette vor dem Spiegel ein singender Latinoarsch mit Haarbürste und Wimpernzange bewaffnet. Auf der Kloschüssel sitzend unterlasse ich den erlösenden Seufzer. Normalerweise bemühe ich mich, meine Blase so geräuschlos wie möglich zu entleeren, aber da die Dame vor dem Spiegel aus voller Kehle die Hits von Ricky Martin zum Besten gibt und dabei keinen Ton trifft, ist dies nicht nötig. Selbst beim Hände waschen macht die Lady keine Anstalten, ihren Gesang zu unterbrechen. Ich überlasse sie ihrem Schicksal, schliesslich wartet an der Bar Bier (wichtig) und Mann (auch wichtig, der hats schliesslich bestellt) auf mich.


Seither frage ich mich: Wie gestaltet frau sich der Aufenthalt auf dem öffentlichen Klo so angenehm wie möglich?


01. Ich begrüsse alle in der Warteschlange und erkundige mich nach der Dringlichkeit.


02. Ich bin endlich an der Reihe und spiele hinter verschlossener Klotür noch vier Runden Solitär auf meinem Handy (schliesslich musste ich auch Ewigkeiten warten).


03. Ich weigere mich die freie Kabine zu betreten und will wissen, welche alte Kuh diesen Leichenduft gemischt mit Füdlisalbe verströmt hat!


04. Im dichtesten Gedränge fange ich an Lidstrich, Lippenstift und den neu erstandenen Lidschatten aufzutragen (nicht jeder hat einen Balg zum Wickeln dabei).


05. Die Dame die endlich eine Kabine frei gibt sanft drauf aufmerksam machen, dass sie gefälligst die Bremsspur entfernen soll.


06. Ich teile Kruxe auf dem Klo sitzend per Telefon mit, dass ich der von einem aufs andere Bein tänzelnden hochschwangeren Bergente keinen Vortritt gelassen habe (so viel zu TMI).

07. Um Zeit zu gewinnen schichte ich Blatt für Blatt aufeinander und zwar auf den Millimeter genau.


08. Zum Glück ist meine Tasche gross genug um die verbleibenden zwei Klopapierrollen einzupacken. Schliesslich herrscht Finanzkrise!!


09. Ich verwandle mit meinem Fläschli Rivella die Hygienezone in eine Nasszone. Sauberkeit ist wichtig.


10. Um meiner Nachfolgerin eine Freude zu machen, verziere ich die Klobrille mit hübsch geknoteten Hygienebeutel.